Schon vor den 1930er Jahren kursierten Forderungen, Menschen mit Behinderungen zu töten:
Die 1920 von dem Juristen Karl Binding und dem Psychiater Alfred Hoch veröffentlichte Schrift "Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens" sorgte in der Weimarer Republik für teils kritische Debatten, fand allerdings später bei den NS-Ideologen Anklang.
Das Werk prägte die Vorstellung, Menschen als "lebensunwert" einzustufen zu können. Es regte auch Überlegungen an, menschliches Leben an wirtschaftlicher Rentabilität zu messen und damit die Ermordung von kranken oder behinderten Menschen zu rechtfertigen.
1939 erließ Hitler einen streng geheimen Runderlass, der Ärzte und Hebammen verpflichtete, Kleinkinder und Säuglinge mit bestimmten „schweren, angeborenen Leiden“ zu melden.
In sogenannten Kinderfachabteilungen wurden die Kinder später für Experimente missbraucht und durch Injektionen oder Verhungern getötet. Ähnlich verfuhr man mit Erwachsenen.
Zur Verhinderung des im Nazijargon bezeichneten „erbkranken Nachwuchses“ wurden Menschen in fortpflanzungsfähigem Alter zwangsweise sterilisiert.
Opfer der rassenhygienisch begründeten Zwangssterilisierungen wurden psychisch kranke Menschen und »Epileptiker«, Menschen mit körperlichen Behinderungen und andere als »minderwertig« stigmatisierte Menschen - z. B. mit schwerem Alkoholismus - sowie als »asozial« geltende Personen. Das Gesetz und spätere Ergänzungen führten bis 1944 zur zwangsweisen Unfruchtbarmachung von bis zu 400.000 Menschen.
Die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Johannistal (die heutige LVR-Klinik in Süchteln) und deren Außenstelle in Waldniel-Hostert sowie das Allgemeine Krankenhaus Viersen waren an diesen Untaten beteiligt.
Mit dieser Ausstellung machen wir auf die Geschehnisse aufmerksam, beschreiben anhand von Einzelschicksalen die Vorgehensweise der Viersener Nationalsozialisten, Ärzte und Krankenschwestern.
Auch zeigen wir die Methodik und den dahinterstehenden Verwaltungsapparat auf, die rechtlichen Rahmenbedingung, benennen Opfer und Beteiligte.
Dieser bisher noch wenig erforschte Teil der Viersener Stadtgeschichte möge zum Gedenken an die Opfer aufrufen, jedoch auch der Mahnung dienen. In der heutigen Zeit werden wieder Stimmen laut, welche von „unwertem Leben“, „Menschenrassen“ oder „der Vermischung von Völkern“ reden … immer lautstarker.
Die Geschichte zeigt, auch in Viersen, wohin so ein Gedankengut führen kann, welches Leid es hervorruft, welche Menschen hier bei uns früher unter den Taten, die solche Worte herbeiführen, gelitten haben.
Diesen Menschen und unser aller Zukunft, ist die Ausstellung gewidmet.
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